Der Faktor „Zeit“ im globalen Kontext – theoretische und empirische Perspektiven für das 19. und 20. Jahrhundert

Der Faktor „Zeit“ im globalen Kontext – theoretische und empirische Perspektiven für das 19. und 20. Jahrhundert

Veranstalter
Prof. Dr. Katja Patzel-Mattern
Veranstaltungsort
Ort
Heidelberg
Land
Deutschland
Vom - Bis
29.04.2011 - 30.04.2011
Deadline
20.12.2010
Website
Von
Albrecht Franz, M.A.

Wird „Zeit“ als eine Kategorie geschichtswissenschaftlicher Thesenbildung ernst genommen, eröffnen sich neue Perspektiven auf eine Fülle sozialer Zusammenhänge. Kulturelle Regelwerke oder Herrschaftsstrukturen können mit ihrer Hilfe ebenso analysiert werden, wie sich z.B. bestimmte Formen des Wirtschaftens unter Bezug auf kulturelle Konzepte der Zeitnutzung charakterisieren und vergleichen lassen.
Den zahlreichen, häufig stark theoretisch ausgerichteten Annäherungen an das Phänomen „Zeit“ im Rahmen des kulturwissenschaftlichen Paradigmas steht jedoch ein gewisses empirisches Defizit gegenüber. Im Rahmen des Workshops sollen daher theoretische Reflexionen und empirische Fallstudien zusammengebracht werden. Dieser in hohem Maße interdisziplinären Aufgabe wird Rechnung getragen, indem sich der Workshop über die Geschichtswissenschaften hinaus auch an Kultur- und SozialwissenschaftlerInnen richtet.
Vorschläge für eine Operationalisierung und Analyse des Zeitbegriffs sollen auf diese Weise ebenso erarbeitet werden, wie Perspektiven des Faktors „Zeit“ für eine global ausgerichtete Wirtschafts- und Sozialgeschichte ausgelotet werden. Denn so sehr Zeit ein kulturell geprägtes Phänomen ist, so sehr kann sie auch als universales Ordnungssystem verstanden werden, dessen wissenschaftliches Potential es für den internationalen Vergleich analytisch fruchtbar zu machen gilt. Könnten Zeit-Ordnungen – nicht zuletzt weil selbige quer zum eurozentrischen Epochenmodell liegen – einen Analyserahmen für globale historische Prozesse bieten?

Thematisch umfasst die Diskussion über Zeit als wissenschaftliche Kategorie Zusammenhänge zwischen Kultur, Gesellschaft, Natur, Ökonomie und Politik; insbesondere wäre dabei zu denken an:
- kolonialgeschichtliche Fragestellungen, etwa nach den mittels Zeitgestaltung konstruierten Selbst- und Fremdbildern von Herrschern und Beherrschten,
- globalgeschichtliche Perspektiven einer alternativen Strukturierung von Geschichte mittels der universalen Kategorie Zeit,
- Umgangsweisen im Zusammenhang mit Zeit, welche mit den Geschlechtern verknüpft werden, was ein kultur- und gesellschaftsübergreifendes Phänomen zu sein scheint,
- Fragen nach der Rolle von Konflikten um Zeit für historischen Wandel, nach Zeit als geschichtlichem Movens,
- die Geschichte der Arbeitszeit: Mit ihr harrt ein geradezu „klassisches“ Thema der Sozialgeschichte seiner Aufarbeitung in transnationaler Perspektive, ist doch der wirtschaftliche Umgang mit Zeit unter den Vorzeichen einer zunehmend globalen Ökonomie in nationaler Perspektive keineswegs erschöpfend zu erklären. Zu fragen wäre in diesem Zusammenhang auch nach möglichen Potentialen einer
theoriegeleiteten Auseinandersetzung mit der sozio-ökonomischen Komponente von Zeit für eine Arbeitergeschichte, die dringend der Belebung bedarf.

Programm

Kontakt

Albrecht Franz

Universität Heidelberg, Historisches Seminar

06221 54 3934

albrecht.franz@zegk.uni-heidelberg.de